VLADIMIR KORNEEV | NICCOLÒ NARDINI
In „Borchert und die Sünden der Vergangenheit“ spielen Sie den Opernsänger Niccolò Nardini. Was ist er für ein Charakter, mit wem haben wir es zu tun?
Niccolò ist ein Profi seines Fachs. Star-Tenor und Frauenschwarm. Er hat eine schwere Kindheit in Armut verbracht und war in seiner Kindheit Einsamkeit und Machtlosigkeit ausgeliefert. Um seine im Buch beschriebenen Wesenszüge zu treffen, habe ich ihm eine narzisstische Persönlichkeitsstörung gegeben, die fast schon in eine Soziopathie mündet. Er hat keinen sicheren Kern seines Wesen und kein Urvertrauen, was er mit stark ausgeprägtem toxischen Ego, Wut und Kontrolle über andere Menschen kompensiert. In seinem Job ist er ein Meister und versteht es mit seinem Charisma und Talent, die dunklen Seiten seines Charakters zu verschleiern. Ich habe ihm auch einen italienischen Akzent gegeben, der stark von italienischen Opernstars inspiriert ist, die viel in Deutschland auftreten und deshalb auch Deutsch sprechen.
Das Verhältnis zu seiner Agentin Sophia Brandner ist nicht ganz unkompliziert. Können Sie es näher beschreiben?
Sophia ist für ihn mehr als eine Agentin. Sie hat ihn aus seinen misslichen Verhältnissen befreit und ihm die Karriere ermöglicht, die er mit seinem Talent allein nicht bestreiten hätte können. Ich denke es gibt eine starke Co-Abhängigkeit zwischen den beiden, die zu Misstrauen und zu Manipulation führt. Niccolò und Sophia sind aufeinander angewiesen, vertrauen einander aber nicht mehr.
„Ein Chanson ist die ganze Welt in drei Minuten“, haben Sie mal gesagt. Als Chansonnier singen Sie auf den Bühnen dieser Welt für und mit Weltstars wie Monica Belucci, Ute Lemper und Ginette Reno, als Schauspieler sieht man Sie in vielen wichtigen Produktionen. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut? Und in welcher Welt fühlen Sie sich am wohlsten?
Ich fühle mich am wohlsten in der Welt, in der ich meinen Talenten frei nachgehen kann. Und das ist gleichwertig das Spielen vor der Kamera und das Singen auf der Bühne. Alles unter einen Hut zu bekommen, ist eine Frage von sehr guter Planung und der Kommunikation zwischen Schauspielagentur und Musikmanagement. Ich habe mich selber nie in eine Schublade stecken lassen und finde, dass der Drang danach, Künstler auf einen Bereich ihres Schaffens festmachen zu wollen, weit überholt ist. Ich bin weder singender Schauspieler noch schauspielernder Sänger. Ich mache das, was ich mache, immer im jeweiligen Moment aus vollstem Herzen und mit einer tiefen Hingabe.
Meine klassische Gesangsausbildung ermöglicht es mir, Klangfärbung und Lautstärke sehr flexibel als Mittel einzusetzen, um Lieder nuanciert und kraftvoll zu interpretieren. Ebenso wie der Schauspieler in mir einen Monolog sprechen würde. Und als Schauspieler vor der Kamera profitiere ich von dem Wissen über Atem und Stimmfluss und deren psycho-neuro-physikalischen Verbindungen zum Körper. Denn jede Rolle hat einen anderen Körper, der einen anderen Atemfluss und eine andere Stimmfärbung als die meine mit sich bringt. Ich liebe es einfach in fremde Menschen-Welten zu schlüpfen und sie als Geschichten durch mich zu erzählen und zu erleben.
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