Gespräch mit Komponist Colin Towns
Seit der Premiere des Usedom-Krimi 2014 sind Sie als Komponist mit dabei. Warum haben Sie sich dafür entschieden, Musik für die Reihe zu schreiben, und wie sieht Ihr Arbeitsprozess aus?
Ich arbeite schon seit vielen Jahren mit dem Produzenten Tim Gehrke zusammen. Angefangen haben wir mit „Doktor Martin“, einer Produktion, die auf den Drehbüchern der sehr erfolgreichen britischen Serie „Doc Martin“ basiert, und anderen Serien wie „Flemming“. Als er mich gefragt hat, ob ich für den „Usedom-Krimi“ komponieren möchte, habe ich zugesagt, weil ich Dramen liebe, die es mir erlauben, Melodie, Spannung, Wildheit und Sound zu erforschen. Ich habe in sehr unterschiedlichen Bereichen gearbeitet und sehe jede Musik als ein großes Bild. Ich mag es nicht, in eine Kiste mit der Aufschrift „Filmkomponist“ gesteckt zu werden, sondern freue mich, zu allen Arten von Projekten etwas beizutragen. So habe ich zum Beispiel mehr als 15 Jahre lang Musik für die NDR Bigband geschrieben und dabei viele Projekte realisiert, die in der ganzen Welt aufgeführt wurden. Ich habe viele Songs geschrieben und in einer Hardrock-Band gespielt, aber auch klassische Musik komponiert, ebenso wie Idents und Werbespots. Ich liebe die Herausforderung, ein „Klangbild“ für einen Film zu schaffen, und ich habe die Freiheit, beim „UsedomKrimi“ viel zu experimentieren. Es ist wichtig zu erkennen, welche Art von Publikum so eine Serie ansprechen soll, und ich liebe vor allem die starken Melodien, die dem „Usedom-Krimi“ eine eigene „Klangwelt“ verleihen. Die ersten Ideen entwickle ich meist aus dem Drehbuch und den „daily rushes“. Wenn ich den Rohschnitt erhalte, komponiere ich die ersten 30 Minuten und schicke sie an den Regisseur, Produzenten und die Redaktion, damit sie mir Anmerkungen geben können. So setze ich diesen Prozess fort, in der Regel habe ich dann selbst noch ein paar Anmerkungen für Änderungen. Früher enthielten die Film- und Fernsehbudgets in der Regel einen Betrag für echte Musiker, aber heute muss ich hauptsächlich am Computer komponieren, Instrumenten-Samples verwenden und jedes Instrument/jeden Ton selbst einspielen. So komponiere ich für den „Usedom-Krimi“.
Sie haben das akustische Erscheinungsbild der Serie, die für ihre Musik immer sehr gelobt wird, maßgeblich geprägt. Gibt es ein bestimmtes musikalisches Thema, das Ihnen sofort einfällt, wenn Sie an Usedom oder die Reihe im Allgemeinen denken?
Ich habe kein Regelbuch im Kopf, und die Themen und Melodien ändern sich im Laufe der Reihe auch ständig. Das Hauptthema für Karin Lossow ist natürlich wichtig, und wenn ich es verwende, erarbeite ich eine Variation, die zu der jeweiligen Szene passt. Es gibt viele Motive, Klänge und Phrasen, die ich immer wieder verwende, um die Atmosphäre des „Usedom-Krimis“ zu erhalten. Visionen und Ideen sind mein Ausgangspunkt. Das ist kein einfacher oder simpler Prozess und Nachtschichten sind da auch nicht ungewöhnlich, aber hier fühle ich mich „zu Hause“. Ich sehe Musik nicht als vorgefasstes Konzept, sondern als eine Welt voller Ideen und Möglichkeiten, die unendlich sind. Musik kann einen auf eine fantastische Reise mitnehmen, sei es die große Musik der Vergangenheit oder die „neuen Horizonte“ von morgen. Ich weiß sehr wenig über andere Filmkomponisten und ziehe es vor, meinen eigenen Weg zu finden.
Zum Jubiläum des „Usedom-Krimis“ haben Sie die Filmmusik mit der NDR Radiophilharmonie aufgenommen. War das ein besonderes Erlebnis für Sie und worauf haben Sie sich am meisten gefreut?
Die Zusammenarbeit mit der NDR Radiophilharmonie war natürlich fantastisch. Ich arbeite seit vielen Jahren mit Orchestern verschiedenster Art zusammen und habe auch oft selbst Klavier- und Sample-Sounds zu Tracks hinzugefügt. Leider hat sich die Branche sehr verändert und aus Kostengründen sind echte Orchesteraufnahmen in der Fernsehwelt selten geworden. Es war also ein echter Luxus, mit solch wunderbaren Musikern zu arbeiten.
Waren Sie schon einmal auf Usedom? Falls nicht, möchten Sie die Insel einmal besuchen?
Leider war ich noch nie auf Usedom. Ich habe ein irgendwie verrücktes und vielbeschäftigtes Leben, und die Zeit läuft mir dann doch immer davon. Ich mache auch gar keinen traditionellen Urlaub, sondern wandere immer viel, wenn ich mal ein bisschen Zeit habe. Ich würde aber gerne einmal die Insel besuchen und die hoch gepriesenen Naturpfade und Strände erkunden!
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